Nach Entscheidung des VG Koblenz vom 29.05.2019 ist eine Vorschrift in der Prüfungsordnung einer Hochschule, die besagt, dass bei einem Überschreiten der Bearbeitungszeit eine schriftliche Klausur mit der Sanktionsnote „nicht ausreichend“ belegt wird, rechtmäßig, falls die Überschreitung wesentlich ist.

Der Kläger, Student an der Hochschule Koblenz, nahm im Juni 2018 an einer 90-minütigen Klausur teil. Nachdem die Aufsichtsführende nach dem Ende der Bearbeitungszeit bereits über 50 Klausuren eingesammelt hatte, stellte sie fest, dass der Kläger noch immer seine Klausur bearbeitete. Dies wurde im Protokoll vermerkt und die Klausur des Klägers im Anschluss vom Prüfungsausschuss auf Grundlage der Prüfungsordnung mit der Sanktionsnote „nicht ausreichend“ bewertet.

Dagegen erhob der Student Klage, in der er angab, die Ansagen bezüglich des Endes der Bearbeitungszeit nicht gehört zu haben, weil er intensiv in seine Bearbeitung vertieft gewesen sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass er nicht aus Deutschland stamme und der deutschen Sprache nicht hundertprozentig mächtig sei. Im Gegensatz zu anderen Prüfungsteilnehmern benötige er allein schon für das Verständnis des Textes und das Formulieren mehr Zeit. Die Vergabe einer Sanktionsnote sei bei einer nur geringfügigen Überschreitung der Bearbeitungszeit, wie hier der Fall, unverhältnismäßig.

Das VG Koblenz hat die Klage abgewiesen. Zwar müsse sich eine solche Sanktionsvorschrift, wie sie sich in der Prüfungsordnung der Beklagten finde, aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Berufsfreiheit auf ein förmliches Gesetz stützen. Das rheinland-pfälzische Hochschulgesetz sehe hingegen derartige Sanktionen nicht ausdrücklich vor, sondern nur Regelungen zum Bestehen der Prüfung. Dies umfasse bei einer verfassungskonformen Auslegung auch das Aufstellen typischer verfahrensrechtlicher Regelungen im Prüfungsrecht. Dies treffe auch auf die Regelung zu, dass bei einer wesentlichen Überschreitung der Bearbeitungszeit einer Klausur mit der Note „nicht ausreichend“ zu bewerten sei. Dies ergebe sich aus dem Grundsatz der Chancengleichheit der übrigen Prüfungsteilnehmer. Eine derart wesentliche Überschreitung der Bearbeitungszeit bejahten die Richter im vorliegenden Fall. Hier habe die Bearbeitungszeit insgesamt 90 Minuten betragen. Der Kläger hingegen habe nach Überzeugung des Gerichts seine Klausur mindestens noch 1:30 Minuten nach Ende der Bearbeitungszeit weiterbearbeitet. Dies sei ausreichend gewesen, um sich einen für die Bewertung erheblichen Vorteil zu verschaffen.

Gegen das Urteil können die Beteiligten die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.

Quelle: Verwaltungsgericht Koblenz, 29.05.2019, Pressemitteilung Nr. 21/2019,
https://vgko.justiz.rlp.de/de/startseite/detail/news/detail/News/bei-einer-wesentlichen-ueberschreitung-der-bearbeitungszeit-darf-klausur-mit-nicht-ausreichend-bewe/