Ein Betriebsratsmitglied kann auf Antrag des Arbeitgebers aus dem Betriebsrat ausgeschlossen werden, wenn es androht, erst dann über eine Betriebsvereinbarung verhandeln zu können oder zu wollen, wenn seine privaten Angelegenheiten (hier: Forderung nach einer Zulage) erledigt sind. Dies stellt eine grobe Pflichtverletzung im Sinn des § 23 Abs.1 BetrVG dar.
Der Sachverhalt:
Der Beteiligte ist seit vielen Jahren Vorsitzender des im Betrieb der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats. Seit 2014 verlangte er von der Arbeitgeberin u.a. die Zahlung eines Entgeltausgleichs an sich. Während der Gespräche über diesen individuellen Anspruch verhandelte gleichzeitig der Betriebsrat über eine Betriebsvereinbarung zur Regelung eines Schichtmodells.
In zwei Gesprächen mit den Geschäftsführern der Arbeitgeberin Anfang 2016 sprach der Betriebsratsvorsitzende seine Entgeltausgleichs-Forderung an und wurde auf eine ablehnende Stellungnahme der Geschäftsleitung verwiesen. Er erwiderte sinngemäß, er werde seine Betriebsratsaufgaben erst nach einer Entscheidung über seine private Forderung wieder aufnehmen und ggf. die geplante Betriebsvereinbarung boykottieren. Einen ihm angebotenen Aufhebungsvertrag lehnte er ab.
Die Arbeitgeberin beantragte daraufhin, den Beteiligten aus dem Betriebsrat auszuschließen. Das Arbeitsgericht wies den Antrag ab; das Landesarbeitsgericht München gab ihm statt.
Die Gründe:
In den erwiesenen Äußerungen des Betriebsratsvorsitzenden ist eine grobe Verletzung der ihm obliegenden gesetzlichen Pflichten zu sehen. Dies rechtfertigt gem. § 23 Abs. 1 BetrVG seinen Ausschluss aus dem Betriebsrat. Der Pflichtverstoß ist objektiv erheblich und schwerwiegend, so dass seine weitere Amtsausübung untragbar erscheint. Der Betriebsratsvorsitzende hat mit den wiederholten Aussagen zu erkennen gegeben, dass ihm die Regelung seiner persönlichen Ansprüche näher liegt als die Betriebsratsinteressen. Er war bereit, seine Stellung zur Erlangung privater Vorteile einzusetzen. Da auch in Zukunft mit einer solchen unerlaubten Druckausübung zu rechnen ist, ist das Vertrauensverhältnis zur Arbeitgeberin erschüttert.
Dem steht nicht entgegen, dass der Vorsitzende nicht das einzige bzw. bestimmende Betriebsratsmitglied ist. Selbst, wenn der Betriebsrat künftiges Handeln des Vorsitzenden nicht mittragen würde, könnte er die notwendige Mitbestimmung in personellen oder sozialen Fragen verzögern.
Quelle: Landesarbeitsgericht München, 17.1.2017, 6 TaBV 97/16