Die Ausgangsbeschränkung in München im Zusammenhang mit Corona war unwirksam. VGH Bayern entscheidet mit Beschluss vom 4.10.2021, dass der Normenkontrollantrag begründet ist.

Nach § 4 Abs. 2 und 3 1. BayIfSMV wurde die Ausgangsbeschränkung erst mit Wirkung vom 7. April 2020 ordnungsgemäß bekannt gemacht und war daher bis zu diesem Zeitpunkt schon aus formellen Gründen unwirksam war. Unabhängig davon hat sie in materieller Hinsicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen.

  • 4 Abs. 2 und 3 1. BayIfSMV ist erst durch die Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt am 7. April 2020 (GVBl. Nr. 9/2020 S. 194) ordnungsgemäß verkündet und damit wirksam geworden. Zwar erfolgte zunächst eine Notbekanntmachung der Verordnung am 31. März 2020 im Bayerischen Ministerialblatt gemäß Art. 51 Abs. 4 Satz 1 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzesin der Fassung vom 18. Mai 2018 (LStVG a.F.). Die Voraussetzungen einer Notbekanntmachung waren jedoch nicht gegeben.

Grundsätzlich waren nach der – vom Antragsgegner mit Wirkung zum 1. Mai 2020 aufgehobenen und neugefassten (vgl. § 2 des „Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Land- und Amtsarztgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften“ vom 27. April 2020, GVBl. 2020/13 S. 236) – Vorschrift des Art. 51 Abs. 2 LStVG a.F. bewehrte Verordnungen der Staatsministerien – wie die hier angegriffene Norm – zwingend im Gesetz- und Verordnungsblatt amtlich bekanntzumachen.

Dabei galt nach Art. 51 Abs. 4 Satz 1 LStVG a.F.:

„(4) Ist es zur Verhütung erheblicher Gefahren für Leben, Gesundheit oder zum Schutz von Sachgütern erforderlich, eine Verordnung sofort bekanntzumachen und ist eine Bekanntmachung nach Absatz 1 oder Absatz 2 nicht rechtzeitig möglich, so kann die Verordnung im Rundfunk oder Fernsehen, im Internet, durch geeignete elektronische Kommunikationsmittel, Lautsprecher oder in ortsüblicher Art amtlich bekanntgemacht werden (Notbekanntmachung). Die Verordnung ist sodann unverzüglich nach Absatz 1 oder Absatz 2 zu veröffentlichen; hierbei ist auf Zeit und Art der Notbekanntmachung hinzuweisen.“

Es ist bereits nicht feststellbar, dass es erforderlich war, die streitgegenständliche Verordnung sofort bekannt zu machen. Im Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung im Bayerischen Ministerialblatt am 31. März 2020 hatte der Antragsgegner bereits eine vorläufige Ausgangsbeschränkung erlassen (zunächst durch Allgemeinverfügung vom 20. März 2020, BayMBl. 2020 Nr. 152, sodann durch § 1 Abs. 4 und Abs. 5 der „Bayerischen Verordnung über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie“ vom 24. März 2020 <BayMBl. 2020 Nr. 130>). Der Antragsgegner ging von der Wirksamkeit dieser Regelungen aus, so dass nicht ersichtlich ist, dass es hätte erforderlich sein können, § 4 Abs. 2 und 3 1. BayIfSMV sofort, d.h. unmittelbar nach Eintritt einer Gefahrenlage, bekannt zu machen. Erst durch § 1 Nr. 2 der Verordnung zur Änderung der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 31. März 2020 (BayMBl. 2020 Nr. 162) mit Wirkung zum 1. April 2020 wurde die zu diesem Zeitpunkt bereits als (unbewehrte) Verordnung erlassene und ursprünglich bis einschließlich 3. April 2020 befristete (§ 2 der Verordnung über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung vom 24. März 2020) vorläufige Ausgangsbeschränkung – inhaltlich im Wesentlichen unverändert – in die zugleich mit einer Bußgeldbestimmung (§ 5 1. BayIfSMV) bewehrte 1. BayIfSMV integriert. Es mag zwar sein, dass es in diesem Zeitpunkt angesichts der andauernden Pandemielage erforderlich war, auch durch die kurze Dauer der Maßnahmen bedingt, unverzüglich Infektionsschutzmaßnahmen zu treffen bzw. zu verlängern. Eine sofortige Bekanntgabe einer Ausgangsbeschränkung, wie es der unmissverständliche Wortlaut des Art. 51 Abs. 4 Satz 2 LStVG fordert, war am 31. März 2020 im Hinblick auf die bereits geltende Ausgangsbeschränkung jedoch nicht erforderlich. Weil die Ausgangsbeschränkung materiell schon vor dem Erlass der angegriffenen Norm existierte und allein die Bewehrung der Verordnung die Veröffentlichungspflicht nach Art. 51 Abs. 2 LStVG a.F. ausgelöst hat, ist kein Grund ersichtlich, dass gerade die sofortige Integration der Ausgangsbeschränkung in die 1. BayIfSMV oder die Bewehrung der Verordnung „zur Verhütung erheblicher Gefahren“ für die in Art. 51 Abs. 4 Satz 1 LStVG a.F. genannten Schutzgüter erforderlich war. Mehr im Beschluss des VGH Bayern v. 04.10.2021.