Beamtenrecht: ADHS-Erkrankung kein zwingendes Hindernis für die Aufnahme in den Polizeivollzugsdienst
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden, dass eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) einer Einstellung in den Polizeivollzugsdienst nicht per se entgegen steht.

Nach Ansicht des Gerichts war die Nichteinstellung des Klägers rechtswidrig, da nach den Feststellungen des eingeholten Sachverständigengutachtens aktuell keine Dienstunfähigkeit vorliege. Die Krankheit habe zwar im Kindes- und Jugendalter vorgelegen, er weise jedoch keine Symptomatik einer ADHS im Erwachsenenalter mehr auf. Neuropsychologische Tests bescheinigten dem Kläger in allen Bereichen normgerechte oder sogar überdurchschnittliche Ergebnisse und gerade keinerlei für ADHS typische neuropsychologische Defizite. In seinem Fall sei auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen werde. Auch wenn ein erneuter Ausbruch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne, sei dies mit Blick auf seinen aktuellen Gesundheitszustand unwahrscheinlich.
Die Kammer hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen.
Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 6. Juni 2016, Az. 26 K 29.15
Quelle: Pressemitteilung (Nr. 27/2016) des VG Berlin vom 20.06.2016
Rechtslage in NRW:
In NRW regelt das Beamtenstatusgesetz in Verbindung mit der Verordnung über die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen (Laufbahnverordnung der Polizei – LVOPol) die Einstellung in den Polizeidienst.
Im § 3 LVOPol steht dazu:
(1) In den Polizeivollzugsdienst kann eingestellt werden, wer
1. die nach dem Landesbeamtengesetz erforderlichen allgemeinen Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllt,
2. für den Polizeivollzugsdienst geeignet ist,
3. polizeidiensttauglich ist,
4. die nach dieser Verordnung vorgeschriebenen besonderen Einstellungsvoraussetzungen für den jeweiligen Laufbahnabschnitt erfüllt.
(2) Die Bewerberinnen und Bewerber nehmen vor ihrer Einstellung an einem Auswahlverfahren teil.
Im Rahmen der Geeignetheit wäre auch in NRW zu prüfen, ob eine ADHS-Erkrankung die Geeignetheit entfallen ließe. Eine ADHS-Erkrankung könnte aber auch im Sinne der Polizeidiensttauglichkeit relevant sein.
