Prüfungsrechtliche Hinweise zum Vorfall an der UDE

An der Universität Duisburg-Essen werden derzeit sowohl strafrechtlich als auch verwaltungsrechtlich umfangreiche Vorwürfe der Notenmanipulation geprüft. Hauptverdächtige ist eine Mitarbeiterin des Prüfungsamtes, die gegen Geldleistungen Noten im Prüfungssystem manipuliert haben soll. Dabei wurden die Noten, die durch die Fakultäten übermittelt wurden, nachträglich zugunsten der Prüflinge abgeändert. Die Prüflinge sollen eine bestimmten Notensprung „erkauft“ haben. Je nach Höhe des Notensprungs soll ein höhere Geldbetrag verlangt worden sein.

Der vorliegende Fall wirft einige prüfungsrechtliche Fragen auf, zu denen wir hiermit überblicksweise Stellung nehmen möchten. Unterstellt man die Vorwürfe als zutreffend, löst ein derartiges Verhalten verschiedenen Handlungsmöglichkeiten der Universität aus.

Eingehend ist festzuhalten, dass im Prüfungsrecht das Gebot der persönlichen Leistungserbringung gilt. Eine Prüfung hat dabei den Zweck, die wahren Leistungen und Fähigkeiten des Prüflings zu ermitteln. Vorgetäuschte oder sonst wie erschlichene Leistungen stellen keine geeignete Grundlage dar, um den erforderlichen Prüfungserfolg zu rechtfertigen. In aller Regel enthalten die Prüfungsordnungen Ermächtigungsgrundlagen auf deren Grundlage die Prüfungsausschüsse (abgestufte) Sanktionen erlassen dürfen. Die Schwere der Täuschungshandlung steht in der Regel im Zusammenhang mit der Schwere der Sanktionierung.

Im vorliegenden Fall liegt zwar keine Täuschung im eigentlichen Prüfungsverfahren (bei der Leistungserhebung und Bewertung) vor, allerdings erfolgt eine nachgeschaltete Täuschung hinsichtlich der Vergabe des Abschlusses bzw. der tatsächlich erreichten Noten. Hier können die „manipulierten“ Teilnoten auch Einfluss auf die im Abschlusszeugnis ausgewiesene Gesamtnote haben. Im Ergebnis liegt mithin eine Täuschung in Form einer erschlichenen Leistung vor, die nicht der erbrachten Leistung entspricht. Der Umstand, dass nicht die Prüfer:innen unmittelbar, sondern das Prüfungsamt der Täuschung unterliegt, dürfte im Ergebnis unerheblich sein. Denn zum einen sind beide Organe der Prüfungsbehörde zuzuordnen, zum anderen ist das Ergebnis, nicht den tatsächlichen Leistungen entsprechende Note, dasselbe. Es wird eine Note im Zeugnis oder der Leistungsübersicht ausgewiesen, die nicht der wahren Leistung entspricht. Hierin kann die prüfungsrechtliche Täuschungshandlung zu sehen.

Aufgrund dieser Tatsache kommen nachstehende Rechtsfolgen grundsätzlich in Betracht:

– Nachträgliches Nichtbestehen der Prüfung

– Verlust des Prüfungsanspruches/endgültiges Nichtbestehen

– Rücknahme der Prüfungsentscheidung mit der Folge der Rücknahme des Prüfungsabschlusses (bei gleichzeitigem Verlust des Prüfungsanspruchs)

– Ordnungsgelder

– Exmatrikulation

Die Sanktion liegt im Ermessen der Behörde und muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Dabei darf die Prüfungsbehörde ihre Entscheidung über die Rechtsfolge neben der Schwere der Täuschung auch auf die generalpräventive Wirkung der Sanktion stützen. Hierdurch soll in besonderen Fällen neben der Beseitigung des unberechtigten Vorteils im Einzelfall auch eine erkennbare Abschreckung ausgelöst werden.

Die Verhältnismäßigkeit ist stets nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Auch die Frage der Darlegungspflicht (wer muss die Täuschung „beweisen“) ist nach den tatsächlichen Geschehensabläufen zu bewerten. Grundsätzlich sind zwar die Prüfungsbehörden in der Darlegungspflicht, allerdings kann sich diese Beweislast umkehren, wenn ein sogenannter „Beweis des ersten Anscheins“ vorliegt.

Der Verlust des Prüfungsanspruchs ist im Falle des Täuschungsversuchs nicht gleichzusetzen mit dem endgültigen Nichtbestehen aufgrund von nicht ausreichenden Prüfungsleistungen. In der Regel kann hier die fehlende Prüfungsleistung an einer anderen Hochschule erlangt werden.

Des Weiteren kann gemäß der Rahmenprüfungsordnung für Bachelorstudiengänge an der Universität Duisburg-Essen in Fällen des vorsätzlichen Täuschungsversuchs eine Geldbuße bis zu 50.000 € sowie die Exmatrikulation beschieden werden.

Unserer Kenntnis nach hat die Universität damit begonnen die potenziellen Beteiligten anzuschreiben. Zunächst ist den betroffenen Studierenden die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen. Wir empfehlen allen Betroffenen sich über Ihre Rechte und Pflichten zu informieren.

Die vorstehenden Erläuterungen ersetzen keine Rechtsberatung.