Äußert sich ein Arbeitnehmer in einer privaten Chatgruppe stark beleidigend und menschenverachtend über Vorgesetzte und Kollegen, kann er nicht immer auf die Privatheit des Chats vertrauen. Das BAG hatte über eine außerordentliche Kündigung zu befinden.

Der gekündigte Arbeitnehmer war seit 2014 bei der beklagten Arbeitgeberin tätig. Mit zunächst fünf, später sechs Kollegen schrieb er in einer Chatgruppe. Alle waren nach den Feststellungen der Vorinstanz „langjährig befreundet“, zwei miteinander verwandt.

Neben rein privaten Themen äußerte sich der Arbeitnehmer in der Gruppe in beleidigender und menschenverachtender Weise auch über Vorgesetzte und Arbeitskollegen. Nachdem die Arbeitgeberin hiervon zufällig Kenntnis erhielt, kündigte sie das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich fristlos.

Während beide Vorinstanzen der Kündigungsschutzklage des Betroffenen stattgegeben hatten, hatte die beklagte Arbeitgeberin mit der Revision Erfolg und erreichte eine Zurückverweisung an das LAG.

BAG präzisiert Anforderungen an berechtigte Vertraulichkeitserwartung

Das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft die Erwartung des Schreibers für berechtigt gehalten, seine Äußerungen in der Chatgruppe würden vertraulich bleiben. Es habe in der Folge das Vorliegen eines Kündigungsgrundes verneint.

Eine Vertraulichkeitserwartung sei aber nur dann berechtigt, so der 2. Senat, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen könnten. Ob das der Fall sei, sei wiederum abhängig von dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie der Größe und personellen Zusammensetzung der Chatgruppe.

Sind Gegenstand der Nachrichten beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige, bedürfe es einer besonderen Darlegung, warum der Arbeitnehmer berechtigt erwarten konnte, deren Inhalt werde von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben.

Das LAG müsse dem Kläger nun Gelegenheit für die ihm obliegende Darlegung geben, warum er angesichts der Größe der Chatgruppe, ihrer geänderten Zusammensetzung, der unterschiedlichen Beteiligung der Gruppenmitglieder an den Chats und der Nutzung eines auf schnelle Weiterleitung von Äußerungen angelegten Mediums eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung haben durfte.

zu BAG, Urteil vom 24.08.2023 – 2 AZR 17/23