Anlässlich der im September 2019 vorgestellten Bertelsmann-Studie zu einem deutlich stärkeren Lehrkräftemangel als von der Kultusministerkonferenz erwartet, geraten die Landesregierungen zunehmend unter Druck, eine politische Lösung für Gegenmaßnahmen zu finden, insbesondere in Bezug auf die Frage der Besoldungsanpassung für die Lehrämter Grundschule und Sekundarstufe I. Bereits 2015 hat die GEW NRW ein Rechtsgutachten vorgestellt, das zu dem Ergebnis kommt, dass die unterschiedliche Bezahlung der Lehrkräfte an Grundschulen und in der Sekundarstufe I im Vergleich zu Lehrern an Gymnasien, Berufskollegs und in der Sekundarstufe II in NRW verfassungswidrig ist. Weitere Gutachten mit gleichem Resultat wurden 2018 für Hamburg und Bre-men vorgelegt. Hierauf haben sich zwei Grundschullehrkräfte berufen und im November 2018 vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben. Sie sind darauf gerichtet, das Land Nordrhein-Westfalen zu verpflichten, ihnen Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 13 zu gewähren (Az.: 26 K 9086/18 und 26 K 9087/18). Nachdem durch die Reform der Lehrerausbildung in NRW im Jahr 2009 die früheren Unterschiede bei den Lehramtsstudiengängen beseitigt worden seien, gebe es für die unterschiedliche Besoldung von Lehrern keinen sachlichen Grund mehr, so die Klagebegründung. Eine Entscheidung ist bisher noch nicht ergangen, wir möchten aber nachfolgend unsere rechtliche Einschätzung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung darlegen:

Zunächst ist festzuhalten, dass das Bundesarbeitsgericht unter Verweis auf das Bundesverfassungsgericht (Beschluss v. 15. Juli 1999, Az.: 2 BvR 544/97) bereits in einem Urteil aus dem Jahre 2004 darauf verwies, dass der Gesetzgeber im Bereich des Besoldungs- und Versorgungsrechts einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsspielraum habe (BAG, Urteil vom 24. Juni 2004 – 8 AZR 357/03). Dieser Gestaltungsspielraum ist bei der Frage, ob eine Ungleichbehandlung bei der Eingruppierung gegeben ist von großer Bedeutung, da nach ständiger Rechtsprechung eine Ungleichbehandlung nach dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nur dann vorliegt, wenn sich kein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonstiger sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung zweier vergleichbarer Sachverhalte finden lässt. Maßgeblich ist also, welche Ziele der Gesetzgeber mit seiner Differenzierung verfolgt und ob diese Ziele das Ge-wicht haben, die unterschiedliche Behandlung sachlich zu rechtfertigen.
Gemäß Bundesarbeitsgericht und Bundesverfassungsgericht können sich sachliche Gründe für die unterschiedliche Besoldung von Lehrkräften sowohl aus deren Ausbildung als auch aus deren Lehrbefähigung ergeben (BAG 14. Dezember 2005 – 4 AZR 421/04 – ZTR 2006, 431, BVerfG, Beschluss vom 05. Juli 1983 – 2 BvR 460/80 –, BVerfGE 64, 367-388). Die Entscheidung des BAG betraf eine angestellte Lehrkraft, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verbeamtete Lehrer.

Hinsichtlich der Ausbildung der Lehrkräfte ist in der Rechtsprechung allgemein hin anerkannt, dass ein erhöhter Bildungsaufwand, der zum Erwerb entsprechender Abschlüsse erforderlich ist, einen anerkannten sachlichen Grund darstellt, der die Ungleichbehandlung bei der Besoldung rechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05. Juli 1983 – 2 BvR 460/80 –, BVerfGE 64, 367-388). An dieser Stelle wird es darauf an-kommen, wie das Verwaltungsgericht in dem anhängigen Verfahren in Düsseldorf den unterschiedlichen Bildungsaufwand der Lehrämter bewertet.

Da jedoch sowohl in der derzeit noch geltenden Landesprüfungsordnung (LPO NW) als auch in der Verordnung zur Durchführung des Modellversuchs „gestufte Studiengänge in der Lehrerausbildung“ (VO-B/M) unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich der Semesterwochenstunden geregelt sind, könnte hierin ein erhöhter Bildungsaufwand für die Lehrämter mit dem Einstiegsamt A 13 gesehen werden. So wurde es zuletzt auch in den Urteilen des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern aus Dezember 2016 (Az.: 2 Sa 124/16) und dem Verwaltungsgericht Koblenz aus April 2013 (Az.: 6 K 992/12) für die jeweiligen Ausbildungsordnungen gesehen. Darüber hinaus darf der Gesetzgeber auch weitere sachliche Gründe im Rahmen seines Gestaltungsspielraums einfließen lassen, die die Ungleichbehandlung rechtfertigen können.

Die Entscheidung in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird auch davon abhängen, welche Gründe den Landesgesetzgeber dazu bewogen haben bei der Besoldung zwischen den jeweiligen Lehramtsbefähigung zu differenzieren. Angesichts der derzeit bestehenden Rechtsprechung ist es fraglich, ob es zu einer positiven Entscheidung im Sinne der Grundschullehrer kommen wird. Die Gerichte könnten die verbleiben-den Unterschiede in der Ausbildung (insbesondere des Ausbildungsaufwands in Form der Semesterwochenstunden) für weiterhin ausreichend erachten, um die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Es ist nicht davon auszugehen, dass es zeitnah eine Entscheidung geben wird. Somit ist von rechtlicher Seite in Bezug auf die ungleiche Besoldung von Lehrern in NRW keine kurzfristige Lösung absehbar. Gleich-zeitig ist der Lehrkräftemangel eines der drängendsten Probleme unseres Schulsystems. Eine zeitnahe Regulierung könnte daher auf politischer Ebene erfolgen. Die Landesgesetzgeber besitzen die Gesetzgebungskompetenz, die geforderte Angleichung der Besoldung vorzunehmen und somit die erforderlichen Anreize zu setzen, um dem Lehrkräftemangel an den Grundschulen zu begegnen. Die gesellschaftliche und gesamtpolitische Akzeptanz für eine dahingehende Gesetzesänderung dürfte angesichts der eklatanten Zustände an Schulen besonders hoch sein. In einigen Bundesländern wie beispielsweise Bremen, Schleswig-Holstein oder Sachsen wurde die Besoldung für Lehrämter an Grundschulen beziehungsweise Sekundarstufe I bereits auf A 13 angehoben oder sie wird verhandelt.