Nach Entscheidung des Verwaltungsgerichts Weimar vom 20.04.2021 (Az.: 8 E 416/21 We) ist die derzeit geltenden Allgemeinverfügung des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport zum Vollzug der Thüringer Verordnung über die Infektionsschutzregeln zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Kindertageseinrichtungen, der weiteren Jugendhilfe, Schulen und für den Sportbetrieb (ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO) rechtmäßig.

Die Antragsteller wenden sich gegen die derzeit geltende Allgemeinverfügung des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport, in der eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auch während des Unterrichts geregelt wird. Für Schüler der Klassenstufen 1 bis 6 reicht die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung aus, während Schüler ab der Klassenstufe 7 eine qualifizierte Gesichtsmaske tragen müssen. Dies ist nach Auffassung des Gerichts im Rahmen der Überprüfung im Eilverfahren rechtmäßig.

Zur Begründung seiner am 20.04.2021 ergangenen Entscheidung führt das Gericht aus, dass die Rechtsgrundlagen, auf denen die Regelungen beruhen – das IfSG und die ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO – rechtmäßig seien. Hierzu verweist das Gericht auf den Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 17.03.2021 (Az.: 3 EN 93/21).

Die angegriffenen Regelungen in der Allgemeinverfügung seien auch nicht ermessensfehlerhaft. Sie dienten der Kontaktbeschränkung speziell innerhalb der Schulen und damit zur Unterbrechung der Übertragungswege des Virus SARS-CoV-2. Das Übertragungsrisiko sei dort am höchsten, wo Personen im engen Umkreis und insbesondere im Gespräch zusammen sind. Die Kammer geht dabei davon aus, dass Kinder jeden Alters empfänglich für das Virus sind und es auch übertragen können. Mund-Nasen-Bedeckungen und Gesichtsmasken seien nach den von der Mehrheit der Sachkundigen geteilten Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft, insbesondere nach den Einschätzungen des Robert-Koch-Instituts, auf die das Gericht mangels eigener Sachkunde zurückgreife, das zentrale Schutzinstrument.

Das Robert-Koch-Institut habe nach der gesetzlichen Regelung im Infektionsschutzgesetz in erster Linie die Aufgabe, die aktuelle Lage zu erfassen, alle vorliegenden Informationen zu bewerten und das Risiko für die Bevölkerung einzuschätzen. Auch wissenschaftliche Fachgesellschaften und Kommissionen seien aufgrund ihrer breiten Verankerung in den entsprechenden Fachgebieten ebenfalls besonders befähigt, unterschiedlichste Meinungen zusammenzuführen und zu bewerten. Die daneben bestehende Vielfalt der Meinungen sei Ausdruck einer laufenden wissenschaftlichen Diskussion, die notwendig sei und dem Umstand Rechnung trage, dass die wissenschaftliche Erkenntnis ständig kritisch zu hinterfragen sei. Das Gericht gehe aber davon aus, dass die Auffassungen, die von einer Mehrzahl von Sachkundigen geteilt werden, das notwendige Maß an Plausibilität und sachlicher Richtigkeit für sich haben.

Ausgehend hiervon stelle die Anordnung der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für Grundschüler bzw. zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske für Schüler ab der Klassenstufe 7 durch den Antragsgegner sowohl eine geeignete als auch erforderliche Maßnahme dar. Das Infektionsgeschehen im Freistaat Thüringen sei am Tag des Erlasses der Allgemeinverfügung besonders hoch gewesen. Deutschlandweit sei – auch bedingt durch die rasche Ausbreitung leichter übertragbarer Varianten – aktuell eine anhaltende Viruszirkulation in der Bevölkerung mit zahlreichen Ausbrüchen zunehmend auch in Schulen sowie im beruflichen Umfeld sowie ein beschleunigter Wiederanstieg der Inzidenz zu verzeichnen. Deshalb seien massive Anstrengungen zur Eindämmung von Ausbrüchen und Infektionsketten erforderlich, um ein Aufrechterhalten des Schulbetriebs zu ermöglichen.

Durchgreifende gesundheitliche Bedenken für die Kinder durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sieht das Gericht unter Verweis auf die wissenschaftlich fundierten Quellen nicht. Soweit es bei einzelnen Schülerinnen und Schülern zu Beschwerden kommen sollte, sähen die Regelungen der Allgemeinverfügung einzelfallbezogene Ausnahmen von der Tragepflicht vor. Bei den von den Antragstellern angeführten anderslautenden Stellungnahmen handele es sich um Einzelmeinungen, denen kein durchgreifendes Gewicht zukomme.

Ebenfalls sieht das Gericht keine milderen Maßnahmen mit derselben Schutzwirkung. Insbesondere hält es die alternativ vorgeschlagenen Maßnahmen (Abstandhalten und Lüften bzw. den Einsatz mobiler Luftfilter) für sich genommen nicht für gleichermaßen geeignet, da das Abstandhalten, die Einhaltung von Hygienemaßnahmen, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und das Lüften beim Aufenthalt in Innenräumen ein zusammenhängendes Maßnahmenkonzept bildeten, das nur in der Kombination die volle Wirkung entfalte. Schließlich erachtet das Gericht die Regelungen in der Allgemeinverfügung auch für verhältnismäßig. Das öffentliche Interesse am Schutz von Leben und Gesundheit der Personen im Nähebereich der Antragsteller, der anderen Schülerinnen und Schüler und der gesamten Bevölkerung wiege höher als das Interesse der Antragsteller, von den Maßnahmen vorläufig verschont zu bleiben.

Das Gericht verweist schließlich darauf, dass der gerade die Antragsteller des vorliegenden Verfahrens betreffende Beschluss des Amtsgerichts Weimar vom 08.04.2021 (Az. 9 F 148/21) offensichtlich rechtswidrig sei und der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht entgegenstehen könne. Das Familiengericht habe keine Befugnis, Anordnungen gegenüber Behörden und Vertretern von Behörden als Träger öffentlicher Gewalt zu treffen. Für eine solche Anordnungskompetenz fehle es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Die gerichtliche Kontrolle von Behördenhandeln auch hinsichtlich von Gesundheitsschutzmaßnahmen in den Schulen obliege allein den Verwaltungsgerichten.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des VG Weimar Nr. 2/2021 v. 20.04.2021