Beamtenrecht: BVerwG zur Aktualität von dienstlichen Beurteilungen und dem Abbruch von Stellenbesetzungsverfahren
Das BVerwG hat in seinem Beschluss vom 10.05.2016 entschieden, dass die Vergabe von Funktionsämtern während der Dauer eines beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahrens möglich ist.
Dazu darf sich die Behördenleitung des Instruments der fiktiven Fortschreibung von dienstlichen Beurteilungen bedienen, wenn die dienstlichen Beurteilungen der Mitbewerber nicht gleich aktuell sind.
Im zugrundeliegenden Sachverhalt hatte sich die antragstellende Beamtin bewarb sich um einen höherwertigen Dienstposten (eine Referatsleitung) beim Bundesnachrichtendienst beworben. Nachdem die Auswahlentscheidung zu Ihren Gunsten ergangen war, teilte der Dienstherr ihr mit, dass die Entscheidung auf den Widerspruch eines Mitbewerbers aufgehoben und das Auswahlverfahren habe abgebrochen werden müssen, weil für den Mitbewerber keine hinreichend aktuelle dienstliche Beurteilung mehr vorgelegen habe. Diesem Mitbewerber wurde der streitgegenständliche Dienstposten zwischenzeitlich kommissarisch übertragen.
Für Vorgänge im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes ist das Bundesverwaltungsgericht in erster Instanz zuständig. Dieses gab dem Antragsgegner (BRD) im Wege der einstweiligen Anordnung auf, das abgebrochene Stellenbesetzungsverfahren fortzusetzen.
Dem Beschluss legte das BVerwG folgende rechtliche Beurteilung zu Grunde:
Zunächst stellte das Gericht fest, dass der Abbruch des Auswahlverfahrens um eine Beförderungsstelle mit der Begründung, die dienstliche Beurteilung eines Mitbewerbers sei nicht mehr aktuell, ohne sachlichen Grund erfolgt, wenn die dienstliche Beurteilung nicht länger zurückliegt als der Regelbeurteilungszeitraum und es auch keinen anderen Gründe für eine Anlassbeurteilung gibt. Ein u.U. vorliegender Bewährungsvorsprung muss vielmehr zur Vermeidung einer unzulässigen Bevorzugung im Auswahlverfahren „ausgeblendet“ werden, also unberücksichtigt bleiben.
Das Ausblenden eines etwaigen Bewährungsvorsprungs bei rechtswidriger Dienstposteninhaberschaft wird ermöglicht durch eine „fiktive Fortschreibung“ der dienstlichen Beurteilung. Die „fiktive“ Komponente erfordert in dieser Konstellation nur, dass die aus der Aufgabenwahrnehmung des höherwertigen Dienstpostens folgenden Besonderheiten (z.B. die Wahrnehmung von Leitungsaufgaben) in der dienstlichen Beurteilung unberücksichtigt bleiben. Dieses Rechtsinstitut ermögliche so die Vergabe von Funktionsämtern während des Laufs von beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren und vermeidet damit eine Stellenblockade.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 10.05.2016 – Az. 2 VR 2.15
Quelle: Pressemitteilung Nr. 51/2016 des BVerwG vom 10.06.2016