Beamtenrecht: Anzeigepflicht der Dienstfähigkeit und Verlust von Dienstbezügen während Schulferien
Bestand zwischen dem Dienstherrn und einem beamteten Lehrer Streit über dessen Dienstfähigkeit und bleibt der Lehrer trotz amtsärztlicher Bestätigung seiner Dienstfähigkeit dem Dienst weiterhin fern, obliegt es dem Lehrer – auch nach Beginn der Schulferien – , dem Dienstherrn anzuzeigen, dass und ab wann er sich wieder für dienstfähig ansieht.
Unterlässt er dies, so verliert der Lehrer seine Dienstbezüge auch für Zeiten, die in die Schulferien fallen, so das Bundesverwaltungsgericht.
Der Kläger war als beamteter Lehrer an einer Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen tätig. Ab November 2009 leistete er unter wiederholter Vorlage von Attesten eines Facharztes keinen Dienst mehr. Eine daraufhin vom Dienstherrn angeordnete amtsärztliche Untersuchung ergab dagegen, dass der Kläger dienstfähig war. Trotz ausdrücklicher Aufforderung zum Dienstantritt blieb der Kläger weiter dem Dienst fern. Erst nachdem ein hiergegen gerichteter Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg geblieben war (inzwischen waren bereits die Sommerferien 2010 angebrochen), gab der Kläger seine Haltung auf und teilte der Schulleitung Anfang August 2010 mit, dass er bereit sei, zum ersten Schultag nach den Sommerferien seinen Dienst wieder aufzunehmen.
Das beklagte Land stellte daraufhin mit dem angefochtenen Bescheid den Verlust der Dienstbezüge des Klägers wegen schuldhaften unerlaubten Fernbleibens vom Dienst fest für die Zeit bis zu dem Tag, an dem er sich wieder zum Dienst bereit erklärt hatte. Die Vorinstanzen haben die dagegen gerichtete Klage im Wesentlichen abgewiesen und dabei insbesondere bestätigt, dass der Kläger dienstfähig gewesen sei. Soweit es um den Zeitraum des Schuljahres (mit Unterrichtsverpflichtung des Klägers) geht, ist der angegriffene Bescheid bereits bestandskräftig geworden. Im Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht war nur noch streitig, ob der Kläger seine Dienstbezüge auch für den Zeitraum verliert, der in die Sommerschulferien fiel.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge wegen schuldhaften unerlaubten Fernbleibens vom Dienst (hier: nach § 9 BBesG i.V.m. § 62 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW) setzt voraus, dass der Beamte gegen seine nach Zeit und Ort konkretisierte („formale“) Dienstleistungspflicht verstoßen hat. Eine solche zeitlich und örtlich konkretisierte Dienstleistungspflicht besteht für beamtete Lehrer in den Schulferien nach dem hier maßgeblichen Landesrecht aber gerade nicht; die allgemeine Verpflichtung der Lehrer, in unterrichtsfreien Zeiten ihren Unterricht vor- oder nachzubereiten und sich fortzubilden, genügt dafür nicht. Vor allem steht dem genannten Erfordernis entgegen, dass das Landesrecht bestimmt, dass ein beamteter Lehrer in den Schulferien seinen Erholungsurlaub zu nehmen hat.
Im Streitfall verliert der Kläger gleichwohl seine Dienstbezüge auch für den Zeitraum, der in die Sommerschulferien fiel. War – wie hier – zwischen dem Dienstherrn und dem Lehrer über längere Zeit streitig, ob Letzterer dienstunfähig ist, so trifft den Lehrer eine aus dem beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis folgende Obliegenheit, seinem Dienstherrn anzuzeigen, dass und ab wann er seine bisherige Verweigerungshaltung aufgibt. Es muss Klarheit darüber herrschen, ob er sich weiter als dienstunfähig ansieht oder nicht. Die Schulleitung muss wissen, ob und ab wann sie für das nächste Schuljahr den Lehrer wieder für den Unterricht einplanen kann. Unterlässt der Lehrer diese Anzeige, erstreckt sich die Bezügeverlustfeststellung – im Anschluss an die Zeiten mit Unterrichtsverpflichtung – auch auf den nachfolgenden, in die Schulferien fallenden Zeitraum bis zu dem Tag, an dem der Lehrer erklärt, dass er zur Wiederaufnahme des Dienstes bereit sei.
BVerwG 2 C 24.14 – Urteil vom 23. Juni 2016
Vorinstanzen:
OVG Münster 3 A 1879/11 – Urteil vom 04. Juli 2013
VG Gelsenkirchen 1 K 5681/10 – Urteil vom 06. Juli 2011
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG Nr. 58/2016 vom 23.06.2016