Nach § 622 Abs. 3 BGB kann ein Arbeitsverhältnis während der Probezeit zwar grundsätzlich mit einer verkürzten Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Sieht der vom Arbeitgeber vorformulierte Arbeitsvertrag aber allgemein eine längere Kündigungsfrist vor, ohne unmissverständlich deutlich zu machen, dass diese erst nach der Probezeit greift, ist zugunsten des Arbeitnehmers die längere Frist maßgeblich.
Der Sachverhalt:
Der Kläger war ab April 2014 bei der Beklagten, einem Personaldienstleistungs-Unternehmen, beschäftigt und wurde als Flugbegleiter eingesetzt. Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag verwies für die gegenseitigen Rechte und Pflichten auf einen Manteltarifvertrag (MTV). Dieser sah während der Probezeit besondere Kündigungsfristen vor. Der Arbeitsvertrag regelte eine Probezeit von sechs Monaten und sah in § 8 – ohne weitere Anmerkungen – eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende vor.
Die Beklagte kündigte dem Kläger das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 5.9.2014 zum 20.9.2014.
Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage und begehrte die Feststellung, das Arbeitsverhältnis habe aufgrund der sechswöchigen Kündigungsfrist nach § 8 des Arbeitsvertrags erst zum 31.10.2014 geendet. Die Beklagte berief sich auf die Geltung der zweiwöchigen Frist aus § 622 Abs. 3 BGB, da sie noch während der Probezeit gekündigt habe.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr statt. Die Revision der Beklagten, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrte, blieb ohne Erfolg.
Die Gründe:
Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete erst am 31.10.2014. Auch für die Kündigung während der Probezeit war die vertragliche Frist von sechs Wochen zum Monatsende maßgeblich.
Die von der Beklagten vorformulierten arbeitsvertraglichen Regelungen stellen allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Sie sind grundsätzlich nach dem Verständnis eines durchschnittlichen, rechtsunkundigen Vertragspartners auszulegen. Der durchschnittliche Arbeitnehmer, hier der Kläger, durfte vorliegend auf die explizit geregelte Frist in § 8 vertrauen. Dies gründet auf dem eindeutigen Wortlaut und der Systematik des Vertragstextes. Er musste nicht davon ausgehen, dass der Verweis auf den Manteltarifvertrag oder die Probezeitregelung in § 3 etwas anderes bedeuten könnten.
Quelle: Bundesarbeitsgericht, Pressemitteilung Nr. 17/17 vom 23.3.2017