Weibliche Bewerberinnen sind erst dann bevorzugt zu behandeln, wenn eine gleiche Qulaifikation vorliegt. Hierfür muss zunächst das Prinzp der Bestenauslese ausgeschärft und eine Prognose hinsichtlich der Eignung der Bewerber eruiert werden. Dafür sind alle Erkenntnisquellen, die zur Beurteilung der dienstlichen Qualifikation geeignet sind heranzuziehen.

Die 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen hat durch Beschluss vom 01.12.2016 der beklagten Stadt Herne untersagt, einen Beförderungposten der örtlichen Feuerwehr mit der beigeladenen Feuerwehrbeamtin zu besetzen.

Die beigeladene Feuerwehrbeamtin hatte sich ebenso  wie der Antragsteller auf einen der beiden ausgeschriebenen Beförderungsdienstposten beworben. Beide Bewerber waren aus diesem Anlass jeweils mit der Gesamtnote „5 Punkte“  dienstlich beurteilt worden, wobei der Punktwert des Antragstellers von vornherein 5,0 betrug, der der Beigeladenen hingegen geringer war, jedoch auf 5 Punkte aufgerundet wurde. Ausweislich der Auswahlentscheidung der beklagten Stadt Herne wurde die Auswahl der Beigeladenen auf den seit dem 01.7.2016 geltenden § 19 Abs. 6 Sätze 2, 3 LBG gestützt, wonach bei gleicher Qualifikation Frauen bevorzugt zu befördern sind, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen; von gleicher Qualifikation ist danach in der Regel auszugehen, wenn die dienstlichen Beurteilungen der Bewerberin und des Mitbewerbers ein gleichwertiges Gesamturteil aufweisen.

Nach Ansicht der Kammer verstößt die Auswahlentscheidung gegen das bei der Vergabe von Beförderungsstellen zu beachtende Bestenausleseprinzip des Art. 33 Abs. 2 GG. Die beklagte Stadt Herne habe es versäumt, die dienstlichen Beurteilungen der beiden Bewerber „auszuschärfen“, d.h. der Frage nachzugehen, ob die jeweiligen Einzelfeststellungen in den dienstlichen Beurteilungen eine unterschiedliche Prognose in Bezug auf den Grad der Eignung für das angestrebte Beförderungsamt ermöglichen. Wenn sich dabei kein Vorsprung eines Bewerbers feststellen lasse, hätten in einem weiteren Schritt die vorherigen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber herangezogen werden müssen, um hieraus Erkenntnisse über das Leistungsvermögen der Bewerber zu gewinnen. Die beklagte Stadt Herne sei von diesen Verpflichtungen nicht aufgrund des § 19 Abs. 6 LBG NRW entbunden gewesen, weil diese Regelung erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliege und deshalb im vorläufigen Konkurrentenstreitverfahren keine durchschlagende Wirkung entfalten könne. Die beamtengesetzlich angestrebte Förderung der Gleichberechtigung (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG) vermöge es nicht, die Geltung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG einzuschränken. Mit ihm sei es unvereinbar, eine Auswahlentscheidung ohne Ausschöpfung sämtlicher leistungsbezogener Erkenntnismittel zur Ermittlung der Qualifikation allein daran auszurichten, ob es sich bei den Bewerbern um einen Mann oder eine Frau handele.

Gegen die Entscheidung kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen befindet.

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Az.: 12 L 2228/16

Quelle: Pressemitteilung des VG Gelsenkirchen vom 02.12.2016