Das Thüringer Schulfinanzierungsgesetz verpflichtet den Schulträger grundsätzlich nicht, die Beförderungskosten für den Schulweg zu einer entfernteren Schule zu übernehmen, nur weil die Schule einen bestimmten schulischen Schwerpunkt oder ein besonderes schulisches Profil anbietet.

Das hat das Thüringer Oberverwaltungsgericht nun entschieden und damit ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar bestätigt.

Die Klägerin, die in einem Weimarer Ortsteil wohnt, begehrte von der Stadt Weimar die Übernahme von Schülerbeförderungskosten für ihren Sohn, der den bilingualen Zug des Staatlichen Humboldt-Gymnasiums in Weimar besucht, um dort neben dem deutschen Abitur das französische Baccalauréat (sog. AbiBac) zu erwerben. Die Stadt Weimar lehnte die Übernahme der Kosten ab. Das Humboldt-Gymnasium sei nicht das der Familienwohnung nächstgelegene aufnahmefähige Gymnasium und für das nächstgelegene Gymnasium wären Beförderungskosten nicht zu erstatten, weil der Schulweg dorthin kürzer als 3 km sei.

Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass das Humboldt-Gymnasium die nächstgelegene aufnahmefähige Schule für ihren Sohn sei, weil allein dort ein bilingualer Zug angeboten werde und er in Weimar nur an diesem Gymnasium den französischen Abschluss erwerben könne. Nachdem das Widerspruchsverfahren und die Klage vor dem Verwaltungsgericht erfolglos geblieben waren, hatte der 1. Senat des Thüringer Ober-verwaltungsgerichts nun auf den Antrag der Mutter über die Zulassung der Berufung zu entscheiden.

Dieser Antrag blieb erfolglos. Eine für die Schüler bzw. ihre Erziehungsberechtigten kostenfreie Schülerbeförderung finde nach der Änderung des § 4 Thüringer Schulfinanzierungsgesetz im Jahre 2007 regelmäßig nur statt, wenn das Kind zum nächstgelegenen Gymnasium einen Schulweg von mindestens drei Kilometern habe oder der Besuch des örtlich nächstgelegenen Gymnasiums aus Kapazitätsgründen nicht möglich sei. Zwar sei es zutreffend, dass das AbiBac in Weimar nur nach dem Besuch des bilingualen Zuges des Humboldt-Gymnasiums erworben werden könne, das Thüringer Schulfinanzierungsgesetz knüpfe die Beförderungs- und Erstattungspflicht aber nicht an den französischen, sondern allein an den angestrebten deutschen Schulabschluss an. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschl. v. 3. August 2016, Az. 1 ZKO 288/16
(VG Weimar, Urt. v. 10.03.2016, Az. 2 K 573/15 We)

Quelle: Pressemitteilung des OVG Weimar vom 15.05.2016

Rechtslage in NRW:

In NRW regelt die Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) den Anspruch auf Übernahme von Schülerfahrtkosten. In § 9 SchfkVO ist genauer bestimmte, wann eine Schule als nächstgelegene Schule zu beurteilen ist.

§ 9 Nächstgelegene Schule

(1) Nächstgelegene Schule ist die Schule der gewählten Schulform, bei Grund- und Hauptschulen auch der gewählten Schulart, bei Berufskollegs die Schule mit dem entsprechenden Bildungsgang sowie bei Gymnasien die Schule mit dem gewählten bilingualen Bildungsgang, die mit dem geringsten Aufwand an Kosten und einem zumutbaren Aufwand an Zeit erreicht werden kann und deren Besuch schulorganisatorische Gründe nicht entgegenstehen.

In Absatz 7 ist festgehalten, dass jedenfalls ein besonderes Fremdsprachenangebot keinen besonderen Anspruch auf die Erstattung von Schülerfahrtkosten begründet.

(7) Ganztagsschulen, Schulen mit angegliedertem Tagesheim, Schulen mit einem Angebot besonderer Unterrichtsveranstaltungen, Schulen ohne Koedukation, das unterschiedliche Angebot von Fremdsprachen sowie unterschiedliche Kursangebote begründen keinen weitergehenden Anspruch auf die Erstattung von Schülerfahrkosten; für Schülerinnen und Schüler, die eine Schule mit Koedukation besuchen wollen, bleiben Schulen ohne Koedukation außer Betracht