Privatschulrecht/Prozessrecht: Verwaltungsgerichte dürfen Genehmigungsbedürftigkeit der Erweiterung privater Ersatzschulen in ihrem Urteil nicht offen lassen

Der Verfassungsgerichtshof Stuttgart entschied am 15.02.2016 anlässlich einer Verfassungsbeschwerde eines privaten Schulträgers, dass die Nichtzulassung der Berufung das Recht auf effektiven Rechtsschutz verletze,

wenn bereits im Zulassungsverfahren ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden und die Ablehnung aufgrund von Erwägungen von grundsätzlicher Bedeutung erfolgte.
Der Schulträger beabsichtigte eine unselbständige Außenstelle an einem anderen Standort seiner bereits seit langem genehmigten und bestehenden Ersatzschule zu eröffnen. Er ist der Ansicht, dass eine Anzeige der Schuleröffnung ausreiche und diese „Außenstelle“ keiner neuen Ersatzschulgenehmigung bedürfe.

Von grundlegender Bedeutung war im vorliegenden Fall die Frage, ob Schulerweiterungen, die nicht durch eine „Angliederung“ an eine bestehende Schule unter Wahrung der Pausenabstandsregelung vorgenommen werden, als neue Schulen zu werten seien. Würden diese als neue Schulen im rechtlichen Sinne bewertet, würden diese, wenn sie die Tätigkeit einer Ersatzschule aufnehmen, einer eigenen Genehmigungspflicht unterliegen. Gleichzeitig wirkt sich die rechtliche Beurteilung auch auf die Frage aus, ob die Schulen, wenn sie staatlich bezuschusst werden sollen, eine eigene Wartefrist einhalten müssten.

Das Verwaltungsgericht der ersten Instanz hatte die Frage offen gelassen, ob bei der Erweiterung einer bereits genehmigten Ersatzschule an einem anderen Standort eine Genehmigung oder eine bloße Anzeige ausreiche. Der Umstand, dass zu dieser Frage eine langjährige Verwaltungspraxis bestehe reiche nicht aus, um die Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage entfallen zu lassen. Der Verfassungsgerichtshof stellte damit klar, dass grundsätzliche Fragen der Genehmigungsbedürftigkeit und der staatlichen Finanzierung von Erweiterungen privater Ersatzschulen nicht im Zulassungsverfahren zur Berufung entschieden werden und nicht vom Verwaltungsgericht erster Instanz offen gelassen werden dürfen.

Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 15.02.2016 – Az. 1 VB 57/14

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