Düsseldorf, 22.02.2017 – Nach Vergabe der Halbjahreszeugnisse steht aktuell für die Viertklässler der Wechsel zu einer weiterführenden Schule an. Aber wie verhält es sich, wenn an der Wunsch-Schule nicht genügend Kapazitäten vorhanden sind und Schüler abgelehnt werden müssen? Aktuell machen die Gymnasien der Stadt Kleve von sich reden, die aufgrund der hohen Nachfrage dazu übergehen möchten, ihre Plätze per Losverfahren zu vergeben.

An den Gesamtschulen der Stadt hingegen könnten noch Kinder aufgenommen werden. Falls Kindern an den Gymnasien kein Platz angeboten werden kann, wird eventuell nicht nur der Wunsch-Schule, sondern auch der angestrebten Schulform nicht nachgekommen.

Wir nehmen im Folgenden dazu Stellung, ob eine Vergabe der Schulplätze durch ein Losverfahren rechtlich zulässig ist bzw. Einspruch gegen diese Vorgehensweise erhoben werden kann.

Grundsätzlich entscheidet über die Schulaufnahme die Schulleitung innerhalb des vom Schulträger hierfür festgelegten Rahmens. Zu diesem gehören insbesondere die Anzahl der Züge, also die Anzahl der Parallelklassen pro Jahrgang, was durch den Rat der Kommune festgelegt wird. Die Klassengröße sowie die Ablehnung sind im Schulgesetz NRW geregelt. Letztere ist nur dann zulässig, wenn die Aufnahmekapazität der jeweiligen Schule erschöpft ist, was bei den Gymnasien der Stadt Kleve der Fall ist.

Das Losverfahren ist als Aufnahmekriterium in der für das Aufnahmeverfahren einschlägigen Ausbildungs- und Prüfverordnung (APO-SI) ausdrücklich vorgesehen. Dort sind auch die bekannten Kriterien wie die bevorzugte Aufnahme von Geschwisterkindern, die Berücksichtigung des Schulwegs oder ein ausgewogenes Verhältnis von Mädchen und Jungen geregelt. Das Losverfahren wird im Katalog der Aufnahmekriterien zwar als letztes genannt, dies bedeutet allerdings laut Entscheidung des Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 2008 weder, dass es erst als letztes herangezogen werden darf noch, dass es nicht auch das einzige Auswahlkriterium sein kann. Es gibt hier also keine Stufen- oder Rangfolge. Die Schulleitung muss lediglich ihre Ermessensentscheidung, welche und wie viele Auswahlkriterien herangezogen werden aufgrund nachvollziehbarer Erwägungen getroffen haben. Die Auswahlkriterien müssen dann öffentlich bekannt gemacht und einheitlich angewandt werden.

Vorab sind mögliche Härtefälle zu berücksichtigen. Den Härtefall hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt, sondern für diesen Fall bewusst offen gelassen. Die Rechtsprechung hat diesen unbestimmten Rechtsbegriff inzwischen konkretisiert. Als Härtefall wurden zum Beispiel der kürzliche Tod oder die schwere Krankheit eines nahen Angehörigen anerkannt oder, dass in der Familie ein schwerstbehindertes Kind betreut werden muss. Nicht anerkannt wurden hingegen Beeinträchtigungen wie Legasthenie oder Dyskalkulie bei Schulkindern. Auch die Wohnortnähe oder der Umstand, dass befreundete Mitschüler bereits auf die Schule gehen oder das Kind bei einem alleinerziehenden Elternteil lebt, reichen nicht aus.

Die Schulformwahlfreiheit wird hier durch die tatsächlichen Kapazitätsgrenzen eingeschränkt. Diese Einschränkung des Grundrechts auf freie Wahl der Schulform (im Rahmen der Eignung) ist durch die Kapazitätsbegrenzung im Schulgesetz NRW ausdrücklich geregelt worden. Eine Ablehnung ist also nur dann zulässig, wenn die Aufnahmekapazität der jeweiligen Schule erschöpft. Liegt ein solcher Anmeldeüberhang vor, haben sich also mehr Schülerinnen und Schüler angemeldet als Plätze angeboten werden können, dann ist ein Aufnahmeverfahren durchzuführen.

Gegen das Ergebnis des Aufnahmeverfahrens (in der Regel die Ablehnung der Anmeldung) an öffentlichen Schulen ist der Widerspruch statthaft, da das Aufnahmeverfahren der rechtlichen Überprüfung standhalten können muss. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen kann gegen die Entscheidung Klage erhoben werden. Aufgrund der kurzen Zeitspanne bis zum Beginn des Schuljahres sollte hier ein Eilverfahren durchgeführt werden. Fehler können im Rahmen der Auswahl der Kriterien und dem Auswahlverfahren als solchem geschehen. Dies muss im jeweiligen Einzelfall überprüft werden, da jede Entscheidung im Auswahlverfahren sachlich vertretbare Erwägungen zu Grunde liegen muss. Auch das Vorliegen eines Härtefalls.

Stellungnahme der Kanzlei Schäfer & Berkels